Während (gefühlt) alle anderen «Brugg» machen und das verlängerte Auffahrts-Wochenende geniessen, bin ich am Arbeiten und hässig. Einerseits kennen Ladenöffnungszeiten keine Brücke und andererseits sind Freelancer ja immer ein bisschen am Schaffen. Und obwohl ich meine siebenundfünzig Jobs alle sehr mag, komme ich doch nicht umhin, einfach ein bisschen schlecht drauf zu sein.
Und während ich vor mich hin hässig bin, bin ich hässig, dass ich hässig bin, denn meist bringt hässig sein ja nicht viel.
Es ist das sogenannte Hässigkeits-Dilemma und ich scheine Meisterin darin zu sein. Wenn du jetzt denkst: Reiss’ dich zusammen, Mädchen! – dann hast du vollkommen recht. Ich suche also meine Contenance und widme mich den wirklich wichtigen Dingen: Hermès Parfums.
Es ist nämlich eine Neuheit ins Hey Pretty-Office geflattert, die einen ziemlich guten Job macht im Hässigkeit-Vertreiben.
Die Neuheit nennt sich Oud Alezan und ist Teil der Hermessence-Kollektion. Diese ist sozusagen Hermès in Parfum-Form und beinhaltet Düfte, die sich aus der Begegnung von jeweils zwei Materialien zusammensetzen.
Beim heute vorgestellten Duft ist es die erstaunlich zur Jahreszeit passende Begegnung von Oud und Rose. Kann ein Oud-Duft auch frühlingshaft sein, fragst du dich? Hermès sagt: Mais oui! Und damit gehen wir zusammen auf die Reise, die – heb di fescht – sowohl durch Pferde- wie auch durch Botanik-Welten geht.
Hermès Oud Alezan Eau de Parfum (100ml), 354 Franken
Mit Reitstiefel und Lupe machen wir uns also auf, Oud Alezan zu erkunden. Die bereits erwähnte Begegnung zweier Elemente ist bei den Hermessence-Düften auch am Namen erkennbar. «Oud» und «Alezan» sind also die Pole, die die Welt dieser Duft-Komposition eingrenzen. (Vielleicht sollte ich über einen achtundfünzigsten Job als Werbetexterin für Parfums nachdenken)
Doch was ist Oud eigentlich genau? Während Steffi jeweils einen ziemlich grossen Bogen um alles Oud-ige macht (sie ist eher vom Typ aquatische, frische Düfte), finde ich diesen Duftstoff super spannend.
Es ist das ätherische Öl der Adlerholzbaums, das nicht nur ziemlich markant riecht, sondern auch unglaublich teuer ist. Der Laubbaum verfügt nämlich über eine botanische Besonderheit, er bildet nämlich ein eingeschlossenes Phloem. Das klingt sehr herzig und ist das Gewebe, das durch Verwundung oder Pilzbefall ein intensiv duftendes Harz bildet. Das Holz wird dann vom Harz durchtränkt und wird super schwer, dicht und – genau – wohlriechend.
Es bilden also nur die befallenen und verwundeten Bäume dieses bestimmte Harz, das die Grundlage für die Oud-Gewinnung ist. Und da haben wir auch den Grund für den hohen Preis von Oud: Der Rohstoff ist sehr selten.
Und wie riecht das nun? Sehr holzig, manchmal fast rauchig-erdig, ganz oft animalisch und Moschus-artig. In der Regel wirkt Oud ziemlich sexy und da verwundert es auch nicht, dass dem Duftstoff auch eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird.
Die Parfumeurin Christine Nagel kombiniert diese intensive Komponente mit blumiger, frischer und fröhlicher Rose und sagt dazu: «Dieses Gefühl, in ein sehr intimes und sinnliches Material einzutauchen, hat eine besondere Erinnerung geweckt, an ein fuchsfarbenes Pferd, dessen Duft ich, an seinen Hals geschmiegt, tief eingeatmet habe.»
Und somit sind wir beim zweiten Wort gelandet und beschäftigen uns jetzt ein bisschen mit Hippologie, was mich als Wendy-Heftchen-Kind nun doch ein bisschen freut. Passt ja auch zu Hermès, denn Lederwaren gehören unweigerlich auch zum Reitsport.
Ein «Alezan» ist nämlich ein Fuchs, also ein rötlich-braunes Pferd. So und jetzt stellen wir uns alle dieses Pferd vor, wie es majestätisch über eine Wiese galoppiert, Mähne im Wind und Fell schimmernd im Sonnenlicht.
Jetzt geht’s aber ans Schnuppern. Und das Wichtigste gleich vorab: Der Duft ist ziemlich intensiv. Weder Oud noch Rose sind für ihre Zurückhaltung bekannt und deshalb lassen wir die Bescheidenheit im Stall und führen unseren Fuchs zum selbstbewussten Ausritt aus.
Die Wärme von Oud wird wunderbar von der blumigen Rose durchbrochen und ergibt ein ziemlich erwachsenes, präsentes und betörendes Parfum, das auch sehr langanhaltend ist. Obwohl der Duft Unisex ist, erinnert er mich sehr an eine selbstbewusste Frau, die gerne exklusive Kleider und Parfums mag. Ihr wisst schon: Sie weiss, was sie will, besitzt eine schöne Garderobe mit hochwertigen Materialien und scheut sich nicht, mit einem Duft auch ein Statement zu setzen.
Kurz nach der Anwendung ist das Erlebnis sehr intensiv, es wird aber schnell sanfter und weicher. Nach einigen Stunden sind sowohl Oud wie auch Rose immernoch total dabei, allerdings wirklich etwas lieblicher und sehr fein.
Für mich ein Parfum, das ich auftrage, wenn ich einen sehr präsenten und ausdrucksstarken Begleiter haben möchte. Abgesehen vom Fuchs natürlich.
Und nun möchte ich gerne wissen: Wie war dein Auffahrtswochenende? Hast du die Brugg gemacht oder bist gar über weite Felder galoppiert?
Ich will alles wissen und auch, was du denn so von Oud und Rose hältst!
Alles Liebe,
Sandra
4 Comments
Luca Turin hat mal über Oud gesagt, dass diese Duftnote ausgerechnet in dem Moment populär wurde, als sie in hervorragender Qualität synthetisch hergestellt werden konnte. Und natürlich verlangen Luxushäuser dafür horrende Preise, auch wenn sie sicher synthetische Ausgangsstoffe verwenden… Oud und Rose, eine klassische Kombination. Bin gespannt, wie Hermès sie interpretiert.
Oh, das ist ein interessanter Aspekt – habe ich noch gar nicht daran gedacht! Danke Maja 🙂 Und wenn du an Oud Alezan schnuppern möchtest – einfach melden 🙂
Ich war auch hässig. Frühdienst, wenn alle anderen Brugg haben UND Muttertag feiern. Und das alles ohne ins Haus flatterndes wohlriechendes Duftpräsent 🤷🏻♀️. (Das übrigens sehr interessant klingt).
Du solltest vielleicht wirklich noch Parfüm-Texterin werden 😘)
Gell, manchmal ist man einfach hässig 😉 Hoffe, die Hässigkeit ist ein bisschen verflogen und sonst sollten wir versuchen, sie mit Prosecco zu bekämpfen <3